Grüne Landtagsfraktionsklausur in Brüssel

Im Januar 2023 war ich mit der Grünen Landtagsfraktion zur Fraktionsklausur in Brüssel. Neben viel Netzwerkkontakten hat die Fraktion auch ein Thesenpapier zum European Green Deal verabschiedet.

Der Green Deal bietet in diesem Kontext die Leitplanken, das Ziel der Klimaneutralität und die Zukunftsfelder unserer Wirtschaft und Gesellschaft enger als bisher zusammenzuführen. Die Leitbilder unserer Landesregierung von klimafreundlicher Mobilität, nachhaltiger Infrastruktur bis zu einflussreichen Technologien und der EU passen gut zusammen. Wir möchten aus dem Green Deal – einen Great Deal für Baden-Württemberg machen. Damit wir das schaffen, setzen wir auf weitere Großförderungen bei Projekten, die das volle Potenzial unserer Schlüsseltechnologien ausschöpfen. Unsere Unternehmen benötigen die volle Schubkraft staatlicher Unterstützungen, damit sie weiter an der Spitze bleiben können.

Fallen Fördervorhaben unter die sogenannten IPCEI-Projekte (Important Projects of Common European Interes) der EU, lässt sich eine massive Hebelwirkung bei privaten Investitionen erziele. Die EU macht eine Ausnahme vom Beihilfeverbot bei diesen Vorhaben, die für die Entwicklung der EU von hoher Bedeutung sind, und lässt zu, dass die nationalen Regierungen Summen in erheblicher Höhe bereitstellen, wenn privates Kapital fehlt.

Mittels eines solchen IPCEI-Projekts machte Baden-Württemberg erst kürzlich den Weg frei für mehrere Wasserstoffvorhaben baden-württembergischer Firmen. Ziel ist, das Land als führenden Standort in der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zu etablieren, die Energiewende voranzubringen und dazu beitragen, Industrie und Verkehr auf klimafreundliche Technologien umzustellen.

Die Vorteile für die Privatwirtschaft und den Staat bei IPCEI-Projekten liegen auf der Hand. Die Unternehmen müssen durch die starken Subventionen nur einen Bruchteil des benötigten Kapitals aufwenden und die öffentliche Hand kann die Fördersummen gebündelt einsetzen. Eine Win-Win-Situation für alle.

Wir wollen zum Beispiel die Solaroffensive im Südwesten mit einem Mega-Förderprojekt verzahnen. Es liegt im Interesse der EU, dass der industriestarke Südwesten Deutschlands weiterhin schlagkräftig im europäischen Wettbewerb bleibt. Wenn wir mehr dieser Mega-Förderprojekte für unsere Region gewinnen, können wir einen großen Beitrag dazu leisten. Nach dem erfolgreichen Wasserstoffprojekt ist für mich der nächste logische Schritt, eine Förderung für die Photovoltaik-Branche zu initiieren.

Mitte des Jahres hat die EU mit ihrer Strategie für Solarenergie eine längst überfällige Solaroffensive gestartet. International steht die Solar-Herstellungsindustrie der EU aufgrund massiver staatlicher Unterstützung in führenden Ländern wie China, Indien oder USA unter Druck. Konkret schlage ich vor, ein Photovoltaik-IPCEI-Projekt aufzulegen.

Das Ziel der EU muss sein, die Lücken der internationalen Wettbewerbsbedingungen zu schließen. Wir brauchen mehr Produktionskapazitäten von europäischen Solar-Unternehmen, von Chips und Halbleitern, eine größere Massenproduktion, modernste Technologien und eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft – all das bietet der Standort Baden-Württemberg. Im Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung haben wir uns schon 2021 vorgenommen: Wir werden das Musterland des Green Deal! Baden-Württemberg will hier einen besonderen Beitrag leisten.

Dies wollen wir erreichen, indem wir zehn Jahre eher als die EU die Klimaneutralität 2040 anstreben. Aber auch, indem wir – unter anderem mit staatliche Förderungen – klimafreundlichen Innovationen einen besonderen Schub geben. Viele Technologieführer und ein starkes Handwerk sind bei uns zuhause. Der Green Deal kann unsere Solarbranche entscheidend nach vorne bringen, wenn wir die Impulse aus Brüssel entsprechend nutzen.

Wir wollen frischen Schwung in die Verhandlungen über das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU bringen und bieten Baden-Württemberg als Vermittler und Verhandlungsort für einen neuen Anlauf von Gesprächen an. Die Beziehungen zur Schweiz mit vielen Wirtschafts- und Wissenschaftskooperationen sind für uns sogar noch bedeutender als die Kooperation mit China. Daher benötigen wir einen Neuanlauf der Verhandlungen für ein gemeinsames Abkommen. Jedoch nach dem Abbruch der Verhandlungen befinden wir uns in einer verfahrenen Situation. Die Auswirkungen des fehlenden Rahmenabkommens sind in vielen Bereichen spürbar: Von Forschungskooperationen, dem Warenverkehr bis zum Stromabkommen. Je länger die Aktualisierung des Abkommens auf sich warten lässt, desto mehr steigen die Kosten und desto höher wird der bürokratische Aufwand für beide Seiten. Bedauerlicherweise hat dieses Problem auf verschiedenen politischen Ebenen noch nicht die Aufmerksamkeit gefunden, die seiner Bedeutung gerecht wird.

Kein anderes Land wie Baden-Württemberg profitiert mehr von den wirtschaftlichen Vorteilen eines EU-Binnenabkommens mit der Schweiz – und kein anderes Land ist stärker betroffen, wenn das Rahmenabkommen weiter auf sich warten lässt. Baden-Württemberg und die Schweiz teilen viele Interesse – von einer vergleichbaren Wirtschaftsstruktur, über Kooperationen in Wissenschaft und Forschung oder dem Fachkräftebedarf.

Daher appelliert unsere grüne Regierungsfraktion an Bern, Brüssel und Berlin: Die EU und die Schweiz müssen den Neustart-Knopf in den Verhandlungen finden und zu einer konstruktiven Basis zurückkehren.

Hier geht es zum „Positionspapier Green Deal“

 

 

 

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